„Hast Du heute schon getwittert“ oder „Hast du heute schon ein Posting in die Facebook – Fanpage gemacht“. Dies sind sicher Sätze, die man in etlichen Marketingabteilungen diverser Unternehmen hören könnte. In Anbetracht der Social-Media-Invasion und dem starken Wachstum der Nutzung von Social Media in der Werbebrache eine logische Konsequenz. Wer Informationen zu Dienstleistungen oder Produkten durchstöbert, wird teilweise feststellen, dass es kaum noch sinnvoll ist dem gesprochenen (oder gezwitscherten [ twitter] ) Wort zu trauen. In Unternehmen gilt heute mehr den je die Marketing-Doktrin, dass Kunden und potenzielle Kunden nicht länger als zwei Minuten zuhören. Dementsprechend kurzgehalten sind Texte oder Wortfetzen in den Kanälen wie Facebook, Twitter und Co.
Einige gut gemachte, auf hohem Niveau unterhaltsame und mit einer klaren Sprache vorgetragene Informationen und Medieninhalte fesseln die Zielgruppe und beweisen damit das Gegenteil: Kunden sind durchaus im Stande länger zuzuhören. Voraussetzung ist, dass es sich lohnt. Und ob es dies tut, erkennen immer mehr Kunden. Schlecht vorgetragene Informationsbotschaften, die dazu dienen, Anstrengung in der Vorbereitung zu umgehen, sind heute weit verbreitet. Der Betrachter neuer Marketingkonstrukte fühlt sich zu Recht für dumm verkauft, schaltet gar geistig ab oder lässt sich schnell ablenken. Farbige Animationen, popöse Sounds, Witziges und Effekte sind dann das Einzige, was im Gedächtnis haften bleibt. Die Versatzstücke heutiger Werbebotschaften über diverse Webkanäle sind meist schludrig, teils in einem Konversations-Einheits-Englisch formuliert, das ohnehin keine individuelle Rede mehr zulässt. Es herrschen Marketinggefasel, gespickt mit Jugendsprache und Gassendeutsch.
In den Marketingabteilungen und deren Erzeugnissen gehört das Englisch-Sprechen auch für Deutsche, häufig auch untereinander, zur guten Performance. Selbst Wissenschaftler, denen es auf die Differenzierung der Inhalte die meist nur in der Muttersprache möglich ist, ankommen sollte, wechseln bereitwillig ins Englische. Dies aber weniger als Entgegenkommen für Englisch sprechende Kunden. Französische Marketingexperten kämen nie auf diese Idee. Sie sind stolz auf ihre melodiöse und klare Sprache, die eng mit ihrer Kultur und ihrer Nationalität verbunden ist. Der Ausstieg aus der eigenen Sprache als Kommunikationsmittel käme einer Distanzierung von der eigenen Identität gleich. In Deutschland ist es hingegen scheinbar kein Problem.
Nicht zu komplexe Informationen unterhaltend und auf hohem Niveau anzubieten, ist sicher eine der schwierigsten Übungen für Marketingexperten. So lernt man derweil, daß es vor allem auf die Verpackung ankommt, der Inhalt wird immer belangloser. Ist der Eintrag in Facebook und Co gelungen, wurde er oft geklickt und geteilt, ist es fast gleichgültig, was er eigentlich sagt. Der Zwang in Social Media Marketing zur Leichtigkeit, zu unanstrengenden Medieninhalten , die deshalb aber keineswegs durchweg unterhaltsam sind, hat viele Marketingabteilungen deutscher Unternehmen infiziert. Im Gegensatz dazu sind trockene Daten, die gedrängt und präzise Information vermitteln, nicht Freund des Social Media Marketing – Gurus.
Der Inszenierungscharakter auf allen Plattformen ist inzwischen gang und gäbe. Geblieben sind die großen Gesten, die einfache Botschaft und viel Performance. In deutschen Unternehmen ist die Inszenierung inzwischen so in den Vordergrund gerückt, dass einige Vertreter der Wirtschaft einfach nicht mehr wissen, was sie eigentlich tun und für welche Inhalte sie und ihre Unternehmen stehen. So steht in der Selbstdarstellung eines Unternehmens für Marketingevents folgender Satz: ‚Ein Marketingevent ist ein inszeniertes Ereignis in Form von Veranstaltungen und Aktionen, welches dem Adressaten firmen- und produktbezogene Kommunikationsinhalte erlebnisorientiert vermittelt“. Es geht dem Unternehmen also nicht um die Inhalte, sondern um die Erlebnisorientierung und den Eventcharakter. Ziel dieser Marketingstrategie ist nicht die Information zu Produkten und Dienstleistungen, sondern die zielgerichtete Erzeugung von Emotionen und der direkte Kontakt zum Kunden, der erlebnishaft einbezogen werden will. Die Marketingbotschaft gilt es in Erlebnissen aufzulösen. Einfach gesagt wird die Botschaft durch Inszenierung ersetzt.
Den Nachdenklichen und Ernsthaften wird es zu schaffen machen, da sie nur noch Sinn- und Inhaltsleere in ihrem Arbeits- und Privatleben entdecken. Das hält niemand auf Dauer aus. Diese Entwicklung führte bei einigen Mitmenschen, vor allem bei den LOHAS (Lebensstil für Gesundheit und Nachhaltigkeit), zur Nachdenklichkeit und zum Blick auf das Wesentliche. Für sie erscheinen die üblichen Social Media Marketing-Verführungen unerträglich abgeschmackt. Die derzeitige Auflösung der Inhalte in Performance könnte kurzlebig sein, höhlt aber aus. Dieser Entwicklung kann man mit dem Blick für das Nachhaltige und Gesundheitsförderliche Einhalt gebieten.
Gesundheit ist laut Weltgesundheitsorganisation „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen („Health is a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease or infirmity.“). Sinn und Inhaltsleere machen krank.